Lost Places – 10 Verhaltensregeln und Gefahrenquellen
Verlassene Orte üben eine besondere Faszination auf uns Menschen und Fotografen aus. Egal ob imposante Industrieanlagen, alte idyllische Hotels, mystische Heilanstalten, verlassene Militäranlagen oder Walfanghallen am anderen Ende der Welt, sie alle besitzen einen individuellen Charakter und erzählen ihre eigene Geschichte. Der Natur überlassen, sehen sich Lost Places dem natürlichen Zerfall ausgesetzt. Regenwasser dringt allmählich über undichte Dächer in das Innere der Gebäude, Farbe blättert kunstvoll von den Wänden, Putz platzt durch die vordringenden Feuchtigkeit vom Mauerwerk ab, das Holz der Tür- und Fensterrahmen quillt auf, Fensterscheiben werden zerdrückt, Wurzeln dringen durch Fugen und Löcher, Moosteppiche breiten sich auf den Dielen und Böden aus und Fahne sowie Gräser wachsen im Inneren der Räume. Diese Umstände geben viel Raum für eindrucksvolle Motive und bieten uns Fotografen die Möglichkeit, kreativ und gestalterisch zu wirken. Aus diesem Grund bereitet uns die Fotografie von „Lost Places“ besonders viel Spaß.
Neben großartigen Fotomotiven bergen die verlassenen Orte aufgrund des Zerfalls auch einige Gefahren. Des Weiteren gibt es beim Fotografieren an diesen teils engen und dunklen Orten einige Besonderheiten zu beachten, die wir dir im Folgenden erklären und euch näherbringen wollen. Um einen tollen Tag an einem Lost Place ohne Zwischenfälle und Verletzungen zu verbringen, haben wir euch 10 Tipps, Verhaltensregeln sowie Gefahrenquellen aufgeführt, um unnötigen Problemen aus dem Weg zu gehen.
1. Vorherige Genehmigung zum Betreten des Geländes
Da das unbefugte Betreten verlassener Orte zu strafrechtlichen Konsequenzen, unter dem Vorwurf des Landfriedensbruchs (§ 125 StGB), führen kann, ist in jedem Falle eine Genehmigung des Besitzers der Liegenschaft einzuholen. Da dieser Aspekt zum Teil sehr zeitaufwendig sein kann und nicht immer von Erfolg gekrönt ist, besteht eine Alternative in geführten Lost Places Touren, wie zum Beispiel Touren von go2know, fototouren-berlin oder auch urbexplorer.
2. Respektiere den Lost Place und bewahre ihn für die Nachwelt
Auf geführten Touren werden euch häufig vor der anstehenden Foto-Tour die Grundregeln an Lost Places nochmals erläutert. Auch wenn die Gelände und Gebäude oft jahrelang verlassen sind, gibt es Regeln, um zum einen die „Seele“ und zum anderen den allgemeinen Erhalt der Orte zu sichern. Viele Lost Places sind bereits durch einen enormen Vandalismus in Mitleidenschaft gezogen. Dies beinhaltet traurigerweise nicht nur Graffitischmierereien, sondern auch eingeschlagene Fenster, eingetretene Türen, beschädigte Wände sowie zerstörtes Inventar und Interieur.
Als Fotografen und Besucher dieser einzigartigen Plätze sollten wir dem Grundsatz folgen nur Fotos zu schießen und nicht außer Fußspuren zu hinterlassen „Take only fotos and leave nothing but footprints“.
3. Keinen Müll bzw. andere Hinterlassenschaften
Fototouren an Lost Places können sich unheimlich in die Länge ziehen und je nach Größe des Areals bis zu 7 Stunden andauern. Dies macht meist eine Verpflegung vor Ort notwendig. Falls ihr ein kleines Picknick vorbereitet, erklärt es sich natürlich von selbst die Überbleibsel eures vorzüglichen Mals auch wieder mitzunehmen bzw. zu entsorgen. Lasst den Lost Place so zurück, wie ihr ihn vorgefunden habt.
4. Vermeide Brandgefahr
Um die dunklen Räumlichkeiten mit natürlichem Licht zu erhellen, könnte man auf die Idee kommen Kerzen oder Teelichter zu entzünden. Diese sind in Lost Places, um die Brandgefahr einzudämmen, tabu! Falls ihr auf geführten Touren Nebelkerzen entzünden wollt, bedarf auch dies einer vorherigen Genehmigung durch die Veranstalter.
5. Souvenirs sind Tabu
Um den Lost Place in dem vorgefundenen Zustand zu hinterlassen und auch eurer Nachwelt noch Spaß an diesen Orten zu bieten, ist das Mitnehmen von Gegenständen sowie eines „Souvenirs“ untersagt und stellt sogar eine Straftat laut § 242 StGB dar.
6. Dunkelheit
Dunkle Räume und Keller sind in Lost Places allgegenwärtig. Sie lösen nicht nur ein schauriges Gefühl aus, sondern bergen auch viele Verletzungsgefahren. Tiefe, unscheinbare Löcher, herunterhängende Gegenstände und hervorstehende Eisenstangen sind nur einige der Gefahrenquellen der Dunkelheit. Daher solltet ihr helle Lichtquellen nutzen und euch nur langsam bewegen.
7. Vorsicht Einsturzgefahr
Aufgrund des Zerfalls sind viele Gebäuden von einer akuten Einsturzgefahr betroffen. Feuchte Decken, Moosteppiche, morsche Treppen und Balken, Risse im Fundament und Bodenlöcher in den Dielen bergen eine Gefahr für Leib und Leben. Achtet darauf, wo ihr hintretet, überschreitet keine Absperrungen, da diese meist eine Warnung vor einer bevorstehenden Gefahr darstellen. Kein noch so atemberaubendes Motiv rechtfertigt den Einsatz eures Lebens!
8. Die Gefahr von Oben
Nicht nur die Gefahr des Einbrechens lauert auf euch. Auch herunterstürzende Steine, Decken sowie anderer Gegenstände können eure Gesundheit akut bedrohen. Daher habt immer ein Auge auf die über euch befindlichen Decken und Wandvorsprünge. Falls diese sich schon bedrohlich nach unten wölben oder auch angebrochenen morsche Balken offensichtlich nachgeben könnten, solltet ihr diese Bereiche selbstredend meiden.
9. Vorsichtig! Scharf und Spitz
Viele Gebäude befinden sich in einem baufälligen Zustand und sind stark vom Vandalismus betroffen. Aufgrund dessen werdet ihr viele scharfkantige Gegenstände vorfinden, wie zum Beispiel Glasscherben, rostige Nägel oder auch spitze Bruchkanten von Holzlatten. Des Weiteren gibt es diverse Stolperfallen, wie zum Beispiel Unebenheiten in Böden oder auf dem Boden liegende Drähte und Geländer. Daher ist es ratsam sich zum größten Teil vorwärts zu bewegen und nicht rückwärts zu laufen.
10. Vandalen, Schrottdiebe und andere unerwünschte Personen
Falls ihr allein unterwegs seid, solltet ihr immer darauf vorbereitet sein, dass ihr auch andere Personen in den verlassenen Orten antrefft. Diese können, so wie ihr, gute Absichten im Sinn haben, aber auch es kann auch vorkommen, dass diese Personen Vandalismus betreiben, Schrott und Metall entwenden oder einfach den Ort zerstören.
In diesen Fällen solltet ihr nie unüberlegt handeln und die Situation vor Ort realistisch einschätzen. Begebt euch nicht unnötiger Weise in Gefahr und ruft im Zweifelsfall eher die Polizei. Es gibt für diese Situationen kein Patentrezept, da sie von sehr vielen Faktoren sowie den handelnden Personen abhängen.
Wir hoffen, dass euch dieser kleine Leitfaden eine Hilfe ist und ihr lange Freunde an der Lost Place Fotografie habt. Wir jedenfalls, können es kaum erwarten wieder rauszukommen und den nächsten Lost Place zu entdecken. Daher bleibt uns nur zu sagen, allzeit gutes Licht!
Fanny und Hendrik
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